1. Kapitel I: Szenischer Monolog / Das Rote Gold Des Kerzenwachses
Erste
Seiten des Buchs, erster Aufsug des Stucks, ein schwerkranker
in handewaschender Gfeste der Unnachsicht, nur schwach erwidend
in ersten Gebanken Den Ort der Kuch' als Blendwerk fur herzzerreissende
'Lebensspiegel' zu verwenden, fur mich Beginn einer Skizze eines
Menschen der nie gelebt hat; actives Erzahlevhalten,
Exzerpt erster Akt.
Konstanz beginnt sein Schreiben Gnaschig Kind, ein Leben wollt
ich Dich Iehren, nicht pfahlen mit Gedichten Deine kleine Welt, der
Scheim in Dir erwachssen nun meines Schemel's Platze, der Laffe, der
du nie gewesen, soll nicht barden in der Lacke manch Unentschuldigter
Stund'. Ach konnten Liedlein doch in Buchern stehen, die mir erschlugen
meine eigne Ruh', o weh, diese Feder ich vielmals in Tinte getrankt, sie
ist mein Strich uber Stirn und Geistes Geblend, wie selbst am Streingelande
das Nebelgesicht doch zogernd den schatten der Lampe zu tragen gewusst.
Schemel, ruck mir naher, meine Burde mach' ich zur Notiz, gahnen doch
schon mude Lichter, diese Scharlachroten Gesichter, ich einst malte fur
da Sundenglocken meiner rechten Hand, im Fensterkreuz, so schlafrig fror
das Kleid der Fliederlauben, leibt in mir die Such nach Lieblich Handen,
die ward besessen mir ein Kissen dereinst Sterbebette weich zu legen.
Istrate (in lautern Worte):
"Zu Bett, zu Bett, ja glaubt ihr denn in all den alten Wegen ein Mass sich
karnn bewegen wie Euch ein steter Dorn im Herze, auch Eure Tinte, was
immer sie verbach in Worten, der Ruh' gesellend wie goldbestreut ein
Wolkchen glanzdurchbebt geselit des Luftchens rote Sonnenkugel,
haben auch die Euren Schranken Pflicht".
Konstanz:
"Ach Istrate, so hold den Schemel Du auch tragen wirst, im Welken eines
Scharlachflammchens ein Blumlein Dir ward zugetan, nicht holdselig
Wolkchen meine hohe Meinung gilt, und Ruh' ich hab' geselit in Quarzes
Lebensschichten eingezwangt. Ja glaubst Du denn, ein steter Tropfen hohlt
meines Herzens Stein, lauscht meiner Stromme Hall, leert meines Fasses'
Tinte in Bodennitzen Winde kratzten aus dies Kemnaten' Nussebretten?
Ein Glockchen klein ich rief zum Schall, mich driest mit dies Bombast zu
wagen, Deine dunklen Wimpern aufzuschlagen, ein Leben freudig zu
begleiten, das mir dem meinen gleichgesannt, so mude auch im Redeschwall
die Feder purpur ich etranken liess, den Redner will ich stellen, dem Deine
Brust dann Antwort gibt"
Kurzer Blick Konstanz' durch ein Fenster zum Hof, nicht straflich, doch
schopferwohlgefalig began ein kleiner, aufgeweckter Wetterzwerg an grauen
Wolken zu ruttein, um den Lohn der Regentropfen in der Rundung einer
rostigen Tonne aufzufangen. Verliebt in den sussen, platschernden Klang
der Wasserstimme beschliesst Konstanz ein "Werk von Tinte" zu beenden,
ehe sich die Tonne in einen Grabeshugel wandeln kann und am
Regenwasser ertrinkt
2. Kapitel II: Der Kirschgarten Oder Memorien An Die Stirn Der Kindeszeit
Zweiter
Aufzug im Stuck, Konstanz blattert in einen verstaubten Lederband
tagebuchahnlichter Aufzeichunungen, dem Traum einer "guten Nacht"
(miteinem Kirschgarten vertascht).
Dialog, Gebankengange eines 10 jahrigen Kindes uber Schopfung,
Tagewerk und Naturgeszertze, Exzerpt aus zweitem Akt.
Suss wermelkt das Licht des Tages goldnen Rausches, der Bluten
holdgewordne Farbenschiller, ach font ein Stimmlein von der Zauensmitte,
musst wundern mich das karge Zittern jener Federhulle. Welch junge Zeich
ich hab' verkannt, welch adler Garten verwuchs mir Herbstweh in dem Dunkel
jen' geliebten Mutterschosses. So trat ein ich auf das Grun mitbeiden
Fussen, dankt' noch dem Schein der Mondin, dass so traumelnd mich
geblendet mit Zirpen seiner bunten Pracht, den falschen Glanz der Nacht
gewendet verschwandt ich dann bloss weit und bleich vom Gartschen
in das bauerliche Feldrezitiert aus dem Traumbild jenes Sommers
Chor:
"Konstanz, wass weinest Du so klaglich, sieh' bloss das Baumlein still
im Weiss der Winterdeche, verfassen ohne Farberslaub verstreut, deri
Gesichtern truber Wessen gleichals sei nicht nur das Menschenkind
dem katten Tode eingeweiht. Erwarte nicht den Glockenschlag berauschender
Gesange eines Kirschenbaumes' Wipfelstille, erst Blutenreich der Deinen
Fremde soll musizierenmit Voglein warmer Morgenwinde, dem Streben Deiner
Such sogleich ein rotes Stadtlein mag hold der Heid gefallig sein, bemerke
bloss das Kirschenlied ein weitres Bildnis eines Wiessenlandes ist wohl
mehr der dein' Erinnrung gleich. Entrscheide selbst verfuhrtes Kindlein,
ob Lenzses Zeit Dir Freund genug, um dieser Such' ein Sternchen Gluck
zu schenken, ob winterlicher Lufteklang der Zof' lasst strahlen Haar und
Grases Leben vor kahlen Holzern ebengleich"
Konstanz:
"Nun ist'e ein roter Leichnam, ich tat Memoiren schon von des Grabesdeckel's
Versgestein? Soll's sein ein wunderbarer Chor, der mich bat bloss lenses
Farben abzuwarten, das Haar der Zof' wie apfelgrunes Weidegras zu strahlen,
und Winter's kahle Kopfhaut mit kleinen Kammen zu verschmahen? O vogel,
dacht ich, warst du eines unsrer Kindlein doch, Dein Dammerlicht verweile
dann in meinigem Gedankeloch, wie ist's mir dann bestimmt, dass Lppen
nicht erffieren und ob der Schwarz und fadenscheinend Kleider ich find das
Gartlein trotz verschneitem Grund, lasst Licht uns aus den Grabern tragen,
den Winter gar vergraben und in dem Kreis des Zaunes tollen, als wars
damals, Gesass' im Holzast schon versenkt, mit blossen Handesflachen das
Herzlein eines Blutleins in den Winkel eines Kindermundes eingeswangt"
Chor:
"Konstanz, mein Liebes, als Knabe werdest Du erwachsen, bevor manch
versteinert Palmenwald verschliesst Diw all schweisstrunken Traum. Welch
Seele sheuer Ungebuld Dir gab gehetzt ein Bild zuruck, welch halbverschlossen
Blum und Kraut soll bluten im gebannten Leibe. Ach, Du Kindlein ohne Gott,
am Wege schon zur Gartenwand, ist's doch der weisse Kamerad, der zudeckt
Dir Almosen, der nimmt Dir all der Bienen Heim, der Zeiten Feder' rot
idylle, wie um alles in dies lieblich Welte willst finden Du den Grabesrand?
Ein wort in sussem Wahn ich lass Dir heissen. des Lenszes Zeite Augenweide
ist nicht in jebem Gartlein gleich, so sei's dass sebst die kirschfrucht
Ditch bat in wundiger Erinnerung, fur all das rote Heirzgesicht
ein goldnes Pfeilchen ausuzusenden"
Konstanz (seufzend):
"Ach uber mir gegangnes Farbennetz, beschame bloss mit weissen Schatzen
mir Liebchen Traum vom Blutenkranz, ein helles Kerzchen zugedecht, das
weisse Segel schon gespannt. Nun weiss ich's doch, dass einschlief Zaunes
Konig unter still gegangen Blatters, das Zirpen aufgespart fur Traume
eines niedlich' Kindleins, doch jetzt mein Konig mit ist es Zeit, mein
Stoffschuh, er ist schneeverfroren, nicht villig mehr fur weite Bahnen,
den Schal ich hab verloren uinter einst erbautem Nebeltisch. Wenn all die
Schopfung rechbehalt, wenn rote Traume enden schneebedingtich weiss mein
Voglein, Du bist da, wo einst Du sasst' am Gartenzaunnun zirpe bloss,
mal hell, mal dunkel, ich will doch nur mein Traumbild sehen, ein
Kirschengartlein aus dem weissen Schutte holen, weil ich nicht will,
dass es erstickt"
3. Kapitel III: Halbe Wahrheit, Schemelglanz Und Totenlichter
"Es war das Weiss der Schwane, so rein und sterbensbang, man sah's wie
Engel am Friedensbogen schimemern, nicht wie Fahnen, die sich vom Winde
verdrehen liessen, Schwane sind diese furchtsamen Kinder, sie winken nicht
wie sie singen, Schwane sind diese weinenden Desichter, der Trauer wollen
sie gefallen"
Aus einem Briefe Lavaters, kurz vor seinem Tod 3.
Aufzug im stuck. Verandertes Buhnenbild, Szene am Tumpel. 2.
Schemel zieren die Holzbuhne So stoisch meine Apfel kunden, dies Liebreiz
ich fand hold in trunknen Lettern aufgeschrieben, Geschopf' so bleich dem
Wolkenzelte wir Bubchen reihten in Gedichten, als statt der Sonne tanzt'
im See zwei federn' Kinder, vorwarts schleichend, ob der tiefen Augen,
trub und offen weinendAls Freundes Wort dies Teich uns nannt', und bleich
manch Tran' der unsren Wangenrucken trocknet, welch Stoss in unsrem Kleid
geboren, wir bedacht des Tumpelschimmers diese Schemel jener Stube doch
verschleppten Konstanz und Lavater mit langen, rotten Barten, Lavater als
"Maler"
Lavater:
"Welch Skizze ich gezeichnet, dies susser Augenschein im Bildnis
des Fewassers trockenein hupfendes Laternchen, welch grafliches Geschlecht,
weich zarter fegern' Wasserdrach' als knistend' hold Geschoss taucht ein
in Weihers blauem Rauche weichend? Konstanz, mein werter Vetter, welch
Trane ward vergossen, dass statt der Lurch' und zottigen Genossen ein
Schwanenvogel uns vor Augen, als stummer Treiber er wirft Flammchen in
dies verfeuchten Tumpeldochte, wie bloss des Mondes eigen' Scheine, die
Skizze meiner zierend!" Konstanz:
"Mein gnadiger Herr, zu laut der Euren Worte, fast hold der Eifer Hand,
manch Tran' ward Euch gewiss vergossen, doch Farben Eures Blattes wegen,
dies Licht verschluckt' des federn' Kindes bleiche MajestatSo schminkt
sie bloss mit Wachs und Schuh', Scheltwort ihr ins Gesichte werdet schlagen,
denkt schon ans winkende Kindlein, dem blutenden Fleisch, so bleibend dem
Spiege! Eures Vogels gleich! So zeigt her Euer Bildlein, den schwanernen
Leibe so weiss wie manch Flock' vom Schnee, dies Grabes' Verbleib verwuhlt
in spitz' Dornen kehrt, um jenen Vogeln lebewohl zu sagen, und stets ein
scharlachrotes Lichtlein zu dammen auf den nackten Dochte, Der Springbrunn'
jen' verweintem Kleid, er tat sein armes Schlaflein, ganz ahnlich einer
fremden Zeit! Ach weh, die matte Eb'ne dieses Tumpels, sie schaukette wie ein Schiff"
4. Kapitel IV: Ein Sängerleben – Welch Wunderbarer Nachtgesang?
Aufzug in Stuck, ein Sanger im Raum, 3 Szenen in eigenwilligen,
zeittlich voneinander unabhangigigen Monologen
Wer, der gleich als Saugling den Windeln schon entwich, mit
haargeschwachtem Kopfe und bloss gentrankten Junglingsbacken dem Halse
schon als Heimat stimmlicher Gewander das kleine Beet an tief verseuchten
Sangesblumen stahl, wer, der wagend stand am Jagestrum, derKnie an Knie
vorm Kranze schmollt, und klagend fragt: ward totgeglaubt ein Liedlein,
ward ewig mewiner Stimmer Band? Ob Feuer hitzt das totenfleisch, ob's
Herzlein endet nicht im Takte, der Sanger sei der Regenguss der unsren
sprachverwohnten Geisteszeit, der Schauer mud erblitzer Boden und Wecker
halbverseuchter Stimmenkrauter? Man nehme bloss den Ritter,
wie weg er kreuzt mit Schmmelblut und Glechgewand, in all den hochgeschnellten Zugen,
er tat uns Hymnen in das Land, liess eines Mannes Sange wie Sternlein bald
vergolden, liess eines Mannes Sange wie Engel Kreisen am Gewolb! Man nehme
bloss den Jager, den Schlager und den Knecht, sei's dass vonn all des
Haltstuch schnoden schlingen ein schonling kann entweichen, sei in jedem
beet der Liedblumlein die Nachtigall versteck! So kehrte ich Lavater's
Rucken und schwand in schaurig alten Wolkenschwingen, den, den er mir hat
beschrieben ich sucht im Zanglein schon von Berg und Tal. Ein leidgebornes
Luftlein ich nahm der Berge Kluft. Ob er es konnt wie jen Quidenus'
Stimmlein, Quidenus ward der Nam' des gold bestaubten Kehlchens ich fand
im Bilderbuch der Talesmitte. Erst bat ich Dunkel um stumm Nachtlein's End
und fleht' ums true vergebne Platzlein ich braucht um all mein lieblich
Augpupill fur ein paar Stunden zuzudecken, dann von Baumeskron schon Zeit
Entfernt ich schlich in Grasse Fried und End, um stets mud Fuss im
Schlummer gelber Blumlein zu versenken. Den Schlaf ich hab' ertraumt musst
enden noch vor Traumesbild, und's Traumlein kam mit Hand und Ruf jen'
geliebter Sangesflechte. Blickt erst ich aufs Gewolb, blickt schliesslich
auf all Astres' End, ob's Lerchlein mir begleit ein Traumgefuhl. Doch
schien's als ward in all der meinen Mude der Sanger Quidenus erwacht,
seiner Halsesmitt' gab Laut und Ton in schon versteckten Sternen, den
Traum ich plant' zu haben hat er bestimmt gehabt.
Ach Stimmlein, ihr Magneten, ihr Glocken des Planeten, welch Schwere
Klange risen mich aus
unschuldsvollem Schlummer, dacht einst ich abgeschlossen bleibt die
Geisterwelt, und Tranen suhnen Wachtraum's Schmerze. Doch Schmerz mit
halbverfrornem Herze ist lange noch kein kalter Kuss, mit Lippen blau
wie Tumpeleis, mit Augen klein wie Bratkartoffel kehrt ich dann Quidenus'
Haupt, liess Ohren weiter wachen und starb mit leisen, flauen Sangen.
Quidenus, hockend nock im Moor, schien Tage's Lichte zu ermuden, mit
mannlich lautem Stimmelin ward er mit Schlafes Bettlein bald vereint.
Unverfroren frat ein ich in Liedblumlein's Beet, verhellt mir Morgensonn'
den Blatterpfag, nach stolz verwachter Nacht schnellt hoch ich ins
Geland, zog endlich heim, um fortan nachtlich wach zu bleiben!
5. Kapitel V: Schellenklingeln / Vom Kurzen Leben Fast Verschneiter Gruner Trauben
Aufzug so in Stucke,
verseuch ich lind als Wrack,
das Haupt in Fleischesblut versenkt,
als liess ich es von Dornen spalten
Zur Stunde schon, wie ein verspatet Kindlein,
schmolle ich im kleinen Gartchengetroffen
schon vom Hals der Schopferkugel!
"Was meint ihr dann?
Meint ihr die Trane brenne nicht?
Was meint ihr dann?
Stribt gar die Traubesfrucht,
das kleine gierige Gezucht".
"Du Rebstock kannst es lohnen, verliebt an sussen
Saften naschen, verfabren Dein Gemut, und all der stet' insektenwirbel ist wohl mehr ein
Lebensbach Doch neinim Lauche baden Deine Fruchte, in faulen
Spiegeln dicker Lufte, Und all das Antitzgold ist nicht mehr als dann
ein dunkler Fleck! Was nun mein Seufzer tragt ist Rieseln, verschneites
Obst, ein Schneckenhauschen, das am Flecke gaz zerschellt".
Was bloss sind die Stiegen eines Schachers,
Wenn ich hagerer Poet verbenne wie ein Kerzchen,
Verschwinde wie ein Nebelstreich, erfriere wie die grune Weinfrucht.
"So erteile mir wie Sternen Dauer, mir Narr, ein Fass des Hasses,
aus grossen Eimern mir manch Tropfen Blut zu leeren,
das sei fur den entseelten Leib Tot unter Toten!
Ein Lichterspielin grunen Meeren, ja Gluhend
brennend, lobernd und nicht mehr als eine Neigung!"
Vergiflete Augen, diese verseuchten, roten und grunen,
Sind wute Traubeslust, letzte Stimmen und doch getragne Moritaten,
"Der Greis", so sagt man, "der graue Schelm hat sie versteckt!"
Er flusterst sie ins Nebelklied, und weint fur einst verfemte Tinte Doch
"Schlafes Nacht ich hab' verwacht, verfemt ihr mir die Abschiedsnacht!"
So ritzt ich in das Holz Tisches das Bild der grunen Weinfrucht,
Blickt hoch ins Himmelblau und zahit des Winters Flocken,
Ein jedes meiner Worte, durchsichtig wie Kristall Es schien
vom Weismeer schon vergrabenwie bald des Lebens Riesling!
"Weinende Gesichter sind blind fur Leiden, und taub fur Klagen!"
Konstanz Hofdichter, tragische Figur, ein Menschenbildnis, das es nie gab
Lavater Ehrenburger, engster Vertrauter Konstanz' nach Marie's tod Istrate
Marie's Tochter, an sie waren Konstanz' "Lebenslichter" gebacht marie
Konstanz' Weib, verstarb kurze Zeit nach Istrate's Lebenseintritt Quidenus
Waldschrat, Zeitlotse und Nachtsanger, ein "heller" Glockenschlag
Chor Reflektion einer verschmahten Schopfung, Diesund Jenseitsstimme