1. Glück
Im Graben liegt ein Rittersmann.
Zerschmettert in nebelweißem Feld,
schleppt sich zurück in die Menschenwelt,
glaubt nun (oder wohl), dass er von dort kam.
Die zermahlenen Knochen
tragen seinen Leib nicht mehr.
Das zerstoßene Auge rinnt herab
die grau – verwesten Wangen.
Das Räderwerk des Schicksals,
geschmückt mit Tand und Sonnenlicht.
Brennende Fluten durchströmen das Sein,
zaubern Glanz auf Helm und Schild.
Gestocktes Blut verschließt den Mund,
kein Atmen mehr den Leib verlässt.
Eiter quillt aus kochenden Wunden,
aller Lebenssaft den Leib verlässt.
Wie heult der Wind!
Wie weint der Regen!
Wie strömt das Dunkel,
wohin ist der Glanz?
Als Mensch sucht er nun Linderung
im kalten Nass der fallenden Wasser.
Doch birgt der Mahlstrom Fallen nur,
wo Tote sich im Rhythmus wiegen.
Mensch, wo ist das Licht geblieben?
Ritter, Schwert und Harnisch so entstellt.
Glück. doch nur auf dieser Welt.
Und siehst Dein Leben Du entschwinden,
wird auch mein Geist den Deinen binden.
Denn wer viel sucht,
der viel verliert.
Und wer viel wagt,
der viel riskiert.
Das Uhrwerk großer Menschenzeit
bricht die Zähne, Grind und Dunkelheit.
Der große steht auf Stillstand,
der kleine steht auf Sturm.
Müde klingt die Glocke selbst,
oben in dem Kirchenturm.
Ein Augenblick uns noch verbleibt,
den Kelch zu heben auf Euch,
Ihr unbekannte Tote.
Ein Blick noch, dann folgt der Schritt
hinab in den schwarzen Seelenspiegel.
2. Geisterschiff
Woher, vermag niemand zu sagen,
nach dem Wohin niemand zu Fragen.
Irgendwann wird niemand mehr fragen,
irgendwo versinkt alles in Sagen.
Klage über Klage an diesem Ort,
nur Bitterkeit in einem fort.
Die Sterne führen nicht mehr,
verstummen im schwarzen Meer.
Die Segel sind schon lange zerfetzt,
in Ängsten durch Stürme gehetzt.
Woher, vermag niemand zu sagen,
nach dem Wohin niemand zu sagen.
Doch die dunkelste Stunde
ist jene vor dem Sonnenaufgang.
Und die schlimmste Wunde
ist jene vor dem Werdegang.
Klage über Klage an diesem Ort,
nur Sehnsucht in einem fort.
Die Sterne führen nicht mehr,
ertranken im schwarzen Meer.
Die Segel sind schon lange zerfetzt,
in Ängsten durch Gezeiten gehetzt.
3. Dunkler Mann
Dunkler Mann. im tiefen Wald allein.
Dunkler Mann. über Stock und Stein.
Dunkler Mann. immer tiefer hinein.
Dunkler Mann... das Herz so rein.
Der Wind kommt aus dem Osten,
leckt an Stahl und lässt ihn rosten.
Dunkler Mann. im tiefen Wald allein.
Dunkler Mann. über Stock und Stein.
Dunkler Mann. immer tiefer hinein.
Dunkler Mann. der Wille so rein.
Schnee fällt auf die noch junge Saat,
denn der kalte Winter sinnt auf Verrat.
So wüte nun durch die 1, 2 und 3!
Von Wegen durchzogen
wie das zernarbte Gesicht,
liegt unter seines Atems Nebel
der tiefe Forst.
Steine haucht sein Frost
in tausend Splitter,
denn was zu Stein geworden ist,
soll so bitter
enden.
Kein Stern soll singen
die alten Meisterklänge,
die nur der Mond allein
weiß klagend anzustimmen.
Und des Mannes Wanderstab
schlägt ohne Ruh
auf dem Holz der Nacht
den Takt dazu
.fernab.
Dunkler Mann. im tiefen Wald allein.
Dunkler Mann. über Stock und Stein.
Dunkler Mann. immer tiefer hinein.
Dunkler Mann. der Hass so rein.
So wüte nun durch die 1, 2 und 3!
Blutige Stiefel müssen gehen.
Gehen, um der Zeit gerecht zu werden.
Und in tiefe Spuren rinnt
und gefriert zugleich
das Wasser aus tränenlosen
Augenblicken.
So mag niemand
daran ersticken.
Doch zwischen verdorrten Händen schuf
und formte der rabenschwarze Mund
den weithin hörbaren Ruf: Mut!
4. Findling
Die Nacht erhellt den Pfad,
Wasser greift in's Mühlenrad.
Balken ächzen, Eisen sprechen
Steine mahlen, Knochen brechen.
Die Sache will's, die Räder laufen.
Die Sache will's, die Winde raufen.
Die Sterne nehmen ihre Plätze ein,
der Mond ruft derbe hinterdrein.
Es zerbersten Tür und Tor,
Schatten strömen aus dem Moor.
Es knarren Ast und Baum,
Schatten fressen den Raum.
Die Sache will's, der Weg ist frei.
Die Sache will's, alles wird einerlei.
Die Sterne nehmen ihre Plätze ein,
der Mond ruft derbe hinterdrein.
So sei nun Schritt für Schritt gesetzt,
hinaus auf den traumgewiesenen Pfad.
Und jeder Zweifel flieht entsetzt,
den gemahlen hat das Mühlenrad.
Durch den Regen, den Nebel
und andere nächtliche Klänge.
Viel Blut am schartigen Säbel,
auf den Lippen Grabgesänge.
Findling. Findling!
Herz des Wanderers.
Findling. Findling!
Zeige mir den Weg.
Die Sache will's, die Räder laufen.
Die Sache will's, die Winde raufen.
So sei nun Schritt für Schritt gesetzt,
hinaus auf den traumgewiesenen Pfad.
Und jeder Zweifel flieht entsetzt,
den gemahlen hat das Mühlenrad.
Was spricht das Walten der Winde,
was steht dort in zerfurchter Rinde?
Der Pfad verliert sich zwischen Schatten,
dort liegt, was wir noch nicht hatten.
5. Der Pakt
Schlage ein. schlage ein!
Dieser Handel ist Dein.
Nur zu Deinem Besten soll es sein,
begießen wir's mit Wasser und Wein.
Nur zum Seelenheil ist es gedacht,
besiegeln wir's mit dieser Nacht.
Schlage ein. schlage ein!
Reiche mir Deine Linke.
Wohl an. wohl an mein Kind,
zeichne dies Papier geschwind.
Die Hahnenfeder nimm dazu,
von meinem Hut. nur zu!
Schlage ein. schlage ein!
Dieser Pakt bleibt geheim.
Die Tinte ist Pech und Schwefel,
schützen soll's vor jedem Frevel.
Nun Asche darüber geschwind,
damit es bindet. mein Kind!
Schlage ein. schlage ein!
Dieser Pakt ist nun Dein.
Und nun heißt es "Lebewohl",
bis wir alsbald uns wiedersehen.
Ja, nun heißt es "Lebewohl"
und bald wird es Dir besser gehen.
Spürst Du schon den Wind im Haar?
Schneller wird er. Jahr um Jahr!
Und willst Du tanzen mit dem Sturm,
dann ruf nach mir. Du kleiner Wurm!
Kein Feuer bringt Dir nunmehr Schmerz,
auch nicht in Deinem brennenden Herz.
Und siehe da, die ersten Flocken fallen,
im Land alsbald alle Lieder verhallen.
Und nun heißt es "Lebewohl",
bis wir alsbald und wiedersehen.
Ja, nun heißt es "Lebewohl"
und bald wird es Dir besser gehen.
Spürst Du schon den Wind im Haar?
Kälter wird er. Jahr um Jahr!
Und willst Du tanzen auf dem Turm,
dann ruf nach mir. ich bin der Sturm!
6. Das Ende
Der Raum. er ruft zu neuen Weiten,
Monde und Sterne werden mich begleiten.
Wiedergänger, singt mit mir im Wind!
Weltengänger, schart Euch nun geschwind!
Die nächtliche Erde weicht haltlos zurück,
auf schwarzen Schwingen finde ich mein Glück.
Der fahle Tod auf dem hinkenden Gaul
verschlingt alles mit gierigem Maul.
Das Sternenlicht im Sensenblatt,
welches die Kehle zerschnitten hat.
(Friss Dich satt!)
Alles muss Zerstörung erleben,
um der Seele Raum zu geben.
(Kenne Dein Streben!)
Denn der Raum wird sich weiten
und erneuerter Wille alles begleiten.
Wiedergänger, singt mit mir im Wind!
Weltengänger, schart Euch nun geschwind!
Reißt auf das Tor!
Kommt hervor!
Wieder und wieder
kommt das Nichts hernieder.
Wieder und wieder
erklingen seine Lieder.
Reißt auf das Tor!
Kommt hervor!
Fliege nun.
Flieg' und sei nun frei!
Fliege nun.
Flieg' und alles wird einerlei!
Alles weicht zurück,
Stück für Stück.